Eine Standseilbahn von Königstein hinauf zur Festung
2018 hat die Stadt Königstein eine Studie Festungsbahn beauftragt. Auftragnehmer war das Ingenieurbüro VCDB VerkehrsConsult Dresden/Berlin GmbH.
Karte 1: Die VCDB-Studie
Karte 2: Studientrasse mit Höhenlinien unterlegen
Die Vorzugs-Talstation ist gewiss die Station ❶ An der Stadtkirche. Es zeigt sich, dass der Streckenverlauf noch nicht ganz optimal ist. Bei ❷ geht es ganz eng an der Palmschänke vorbei. Bei ❸ würde eine 7 Meter hohe Brücke erforderlich (sofern man die Bahn festungswärts nicht wieder etwas bergab fahren lässt, was aber bei einer Standseilbahn ungünstig ist). Auch ist die Schlussrampe mit 45 % ❹ unnötig steil. (Das soll keine Kritik sein, eine feinere Ausarbeitung war sicher nicht beauftragt).
Karte 3: Höhenabsteckung
Wir entwerfen ein detaillierteres Streckenprofil und schmiegen das möglichst eng an das Gelände an. Streckenbeginn ab Talstation An der Stadtkirche mit 20,0 % Längsneigung. Weiter bergan 29,5 %, was zugleich die Maximalsteigung ist. Weiter oben Abflachung, Längsneigung 23,5 %, dann 16,0 %, anschließend über einen halben Kilometer bis Bergstation gleichmäßig 7,2 %:
Karte 4: Lageabsteckung
Es folgt die Lageabsteckung im Grundriss, bei der die Trasse aus geraden Strecken und Kreisbögen zusammengesetzt wird (Klothoiden gern später). Dabei wird zugleich so geplant, dass Aushub und Aufschüttung minimiert werden:
Karte 5: Fertige Karte
Detailausarbeitung mit Ausweichstelle und noch einigen Feinkorrekturen:
Geringfügige Profilpräzisierung, etwas Neigungsausgleich, partiell 16,0 % auf 9,8 % etc. Erläuterung mit Kartenhintergrund, Signaturen, Beschriftung, Tabelle – fertig.
Aus der so gewonnenen Planzeichnung lassen sich detailliert technische Daten „fürs Pflichtenheft“ ableiten:
Streckenlänge: 1186,30 m Höhe Talstation 129,82 m ü NHN Höhe Bergstation: 308,79 m ü NHN Höhenunterschied: 178,97 m Min. Längsneigung: 7,2 % Max. Längsneigung: 29,5 % Durchschnittliche Längsneigung: 15,1 % Min. Bogenradius: 100 m Annahme Geschwindigkeit: 5 m/s Fahrzeit: 4 min Takt: 15, 10, 7½ min Beförderungsleistung: 500 Personen/Richtung×Stunde
Sonstige Anmerkungen:
- Kleinster Bogenradius R=100 m, damit es ohne Drehgestelle abgeht bzw. der Radstand nicht zu klein werden muss. Von Radprofilen für Abtsche Weichen habe ich nicht so die Ahnung, evtl. ist auch R=50 m problemlos möglich.
- Im Tenor der VCDB-Studie war von einer über die Gesamtlänge der Strecke reichenden Aufständerung auf Stahlkonstruktion die Rede. Dies wohl auch, um Landschaftszerschneidung zu vermeiden. Ich weiß nicht. Da braucht man sich natürlich nicht zu wundern, wenn die Kosten aus dem Ruder laufen. Vielleicht sollte man es doch erst einmal zumindest teilweise mit Schotteroberbau versuchen. Kirche im Dorf lassen. Schotteroberbau ist (in der Schweiz) bis 30 % Längsneigung möglich. Unsere max. Längsneigung beträgt 29,5 %.
- Die Trassierung liegt überwiegend günstig in Geländehöhe. Lediglich wenige kurze Aufschüttungen/Abtragungen bis ca. ±3 m in schweren Hanglagen. Für Wegübergänge sollte man bis 4 kleine Brücken einplanen (Seilerweg, Weg 180 m, evtl. 2 weitere Pfade).
- Entscheiden, ob Fahrzeugbreite 2,20 oder 2,50 m.
- Spurweite sicherlich 1000 mm.
Wie könnte so ein Vorhaben gestemmt werden?
Kostenschätzung 10 Mio. €. Eine Anschubfinanzierung von bis zu 1 Mio. € aus SED-Altvermögen war bereits avisiert. Abwarten, vielleicht gibt es wieder einmal ein Förderprogramm mit einer 80-%-Förderung, wie GA Infra (seinerzeit sogar 90 %). Dann wäre nur noch eine Million zu finanzieren, was wohl per Kredit gehen würde.
Kaufmännisch vorsichtige Schätzung Umsatz: 200.000 Fahrgäste pro Jahr, ø10,00 € Fahrpreis ergibt grob 2 Mio €.
Freilich kommt bei den Kosten oft das Doppelte raus. Zum Glück verdoppelt die Inflation aber nicht nur die Sollseite, sondern auch die Habenseite.
Wenn ich mit meiner Planung das Vorhaben ein klein wenig befördern konnte, so würde es mich freuen. Die Karten dürfen gern für beliebige, ausdrücklich auch planerische Zwecke unentgeltlich nachgenutzt werden. (Was nicht heißt, dass ich mich nicht auch über Aufträge freue.) Urhebernennung erbeten.
Ich bin mir ziemlich sicher: Irgendwann wird die Festungsbahn gebaut werden.
Und wer beim Karte lesen ganz genau aufpasst: In der 2023 aktualisierten 5. Auflage meiner Wanderkarte Festung Königstein und die Tafelberge 1:10 000 ist die Strecke bereits dünn gepunktet eingetragen:
Kartenmaßstab:
Die Karten sind 4000×2500 Pixel groß, Pixelgröße 0,5 m, Kartengebiet in der Natur 2000×1250 m,
Plot mit 127 dpi (50 dpcm, 1 Pixel = 0,2 mm) ergibt Format 80×50 cm und Maßstab 1:2 500.
Höhengrundlage DGM1 (GeoSN), System WGS84/UTM. Lagegenauigkeit ±2 m/Höhengenauigkeit ±0,5 m.
Literatur/Quellen/Zeitungsartikel:
Ines Mallek-Klein: Mit der Seilbahn auf den Königstein, Sächsische Zeitung (Pirna), 08.02.2015
Junes Semmoudi: Die Festungsbahn Königstein komm ins Rollen, Dresdener Neueste Nachrichten, 04.09.2018
Katarina Gust: Mit der Seilbahn auf den Königstein. Sächsische Zeitung (Pirna), 04.02.2020
Claudia Lord: Finanz-Zoff um geplante Königstein-Bahn. Bild-Zeitung Dresden, 24.05.2022
25.05.2023