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2. Akt: Zitate aus kaum beachteten Fachveröffentlichungen der Naturschutz-Planer
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Worum es geht
Wir Wanderer wundern uns seit Jahr und Tag. Nationalparks sind eine gute Sache und selbstverständlich wollen wir die Natur retten. 2 % Schutzgebiet sind ein Opfer, das jeder bringen kann. Und in der Natur macht doch keiner, bloß, wenn er da mal durchwandert, irgendetwas kaputt. Also sollte es doch prima gehen, Mensch und Wandern und Natur zu schützen und zu erleben in einem Nationalpark, also gemeinsam – wir und die Nationalparkverwaltung.
Aber immer öfter will es ein unglücklich erscheinender Zufall, das etwas nicht klappt. Da mal ein Weg weg und dort darfst du mal nicht mehr hin. Hier ein Steg abgebaut und dann eben das große Borkenkäfermikado und die Brandgefahr. Gewiss will die Nationalparkverwaltung nur das Beste, aber leider muss sie uns immer öfter schlechte Nachrichten übermitteln.
Vielleicht sind das alles nur unglückliche Zufälle? Es könnte aber auch sein, dass sich dahinter eine seit langem geplante Strategie versteckt. Hinweise drauf ergeben sich bei der Duchsicht von drei Veröffentlichungen:
- Text Nr. 1: Die Qualitätskriterien für großflächige Wildnisgebiete des Bundes (QgW)
- Text Nr. 2: Skript 520 des Bundesamtes für Naturschutz (BfN #520)
- Text Nr. 3: Die Wilderness Guidelines der Europäischen Union (WG)
Text Nr. 1: Qualitätskriterien zur Auswahl von großflächigen Wildnisgebieten (QgW). Mit den Länderfachbehörden
abgestimmte Fachposition des BMU/BfN. Stand 03. Mai 2018.
Link Volltext:
https://www.bfn.de/sites/default/files/2021-09/BMU_BfN_Kriterien_Wildnisgebiete_Bund_Laender_20180503_barrierefrei%20%281%29.pdf.
Text Nr. 2: Forst, Ralf; Porzelt, Martina; Scherfose, Volker (Hrsg.):
Konflikte durch Erholungsnutzung in Großschutzgebieten und deren Entschärfung durch innovatives Besuchernmanagement.
BfN-Skript 520 (BfN #520). Bonn: Bundesamt für Naturschutz 2019.
Link Volltext:
https://www.bfn.de/sites/default/files/BfN/service/Dokumente/skripten/skript520.pdf
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Text Nr. 3: Leitfaden für Wildnisgebiete im Natura-2000-Netz. Europäische Kommission. Technischer Bericht - 2013 - 069,
Wilderness Guidelines (WG). Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, 2013.
Link Volltext:
https://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/wilderness/pdf/WildernessGuidelines_de.pdf
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Doch wir dürfen den Kopf nicht hängen lassen
Alles Theorie von urbanen akademischen Eliten im Elfenbeinturm, die nun mal den „Stand der Technik“ beim Naturschutz das Sagen bestimmen? Wird die „Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt“ (NBS) der entgültige Untergang der uralten Wander- und Kulturlandschaft Elbsandsteingebirge sein? Ausrottung unseres wunderbaren Wanderwegenetzes per „Wegekonzeption“, Entsiedelung, Borkenkäferverhau, Waldbrand, IUCN-Ib-Sperrgebiet? Was möglicherweise vom allerersten Nationalparkchef Dr. Jürgen Stein („Nationalparkgründung war Partisanenstreich“) schon 1990 geplant war?
Ach was. Selbstverständlich gilt es, Klima und Biodiversität zu retten. Wanderer und Wanderfrau, seid doch aber bitte nicht so töricht, zu glauben, dass ihr die Welt ausgerechnet dann rettet, wenn ihr nicht mehr in den heimischen Wald geht. Oder nur noch in Kolonne, auf „bestimmten“ Wegen, besuchergelenkt, vom Ranger „fachkundig geführt“. Weil es dann angeblich hier ein Halbdutzend Schwarzstörche oder Haselhühner mehr geben würde. Die gegen das weltweite Artensterben gar nichts sind. Und auch nur zitiert werden, um uns Wanderern Schädlichkeit und Naturbeunruhigung anzuhängen. Und zum Natur erleben düsen wir dann nach Island und Patagonien. Derweil der olivgrüne Sachalin-Knöterich und das rosarot blühende drüsische Springkraut die Kirnitzschwiesen zuwuchern. Und uns zeigen, dass bei „Natur Natur sein lassen“ nicht immer das rauskommen muss, was wir uns vorstellen.
Zeichen der Hoffnung
Doch gibt es in den Texten auch Zeichen der Hoffnung. Also brauchen wir nicht völlig in Resignation zu verfallen.
- Die Wilderness Guidelines nennen auf S. 13, 14 „Einsamkeit als urwüchsige und uneingeschränkte Form der Erholung“. Gewiss doch. Ein verheißungsvoller Ansatz.
- Auf S. 46 ist von „spirituellen Werten wie heiligen Hainen, verbunden mit ästhetischer Schönheit“ zu lesen. Wunderbar. Der gesamte Elbsandstein ist für die 15.000 Mitglieder des Sächsischen Bergsteigerbundes ein heiliger Hain.
- Und es gibt sogar manchmal zarte Andeutungen einer Wildnis-Betretbarkeit außerhalb „markierter“ oder „gekennzeichneter“ Wege. Sofern es da noch ein Durchkommen gibt. In finnischen Wildnisgebieten ist sogar mitunter das Sammeln von Beeren gestattet, ein Hinweis, dass es dort nicht einmal ein allgemeines Wegegebot gibt. Nun ich denke, gegen ein allgemeines Wegegebot haben ganz viele Wanderer überhaupt nichts einzuwenden.
- Ein herzliches Dankeschön an Prof. Katrin Böhnig-Gaese, Direktorin des Senckenberg-Forschungszentrums Frankfurt am Main. Ein wunderbares Interview. „Festungsnaturschutz“, das Wort bringt es auf den Punkt. Nicht nur in Afrika und Indien, auch in Mitteleuropa. →Rachel Carlson: Der stumme Frühling, 1963.
- Richtige Wildnisgebiete sind mindestens 1000 km² groß. Das wird dann auf 30 km² „herunteroptimiert“. Aber selbst eine so kleine menschenleere Wildnisfläche in unsere Wanderlandschaft „hineinamputuieren“ ist realitätsfremd. Doch irgendwo stand auch was von „Mikro-Wildnis“, vernetzte „Wildnis-Mosaikzellen“. Und dazwischen viele kleine Wanderpfade, die es bewanderbar und erlebbar machen. Na klar doch, einwandfrei. Wandern und Wildnis in Harmonie miteinander vereinigen. Ein kleiner Pfad ist doch keine Landschaftszerschneidung.
- Oder BfN-Skript 333, S. 22: „Tatsächlich sind nach Schätzungen aus den Nationalpark- Verwaltungen weniger als 1 % der Besucher überhaupt daran interessiert, abseits der viel frequentierten Wege das Erhabene zu erleben. Wäre es also tatsächlich so ein Drama, wenn diese winzige Minderheit größer würde?“ Keinesfalls.
- Damit korrespondierend: In den US-Wildnerness-Areas und in skandinavischen Wildnisgebieten sind zwar markierte Wanderwege verboten, aber nichtmarkierte kleine Fußpfade ausdrücklich gestattet. Ein herrliches Konzept (bei freilich viel geringerer Wanderdichte). Das müsste im Elbsandstein geeignet adaptiert werden. Dazu romatische Biwakplätze, siedlungsferne Wanderlinien, Wasserquellen, die zum Draussensein einladen. Mit dem Forststeig gibt es da bei uns schon einmal ein wunderbares Pilotprojekt.
Gibt es also doch hier und da Lichtblicke der Hoffnung?
Wir alle sind aufgerufen, uns vielfältig Gedanken zu machen.
Kleine Waldhütte in der Einsamkeit
08.02.2023 Ich bedanke mich herzlich bei Rainer Petzold, Dresden für den Nachweis der QgW des Bundes
10.02.2023 Ich bedanke mich herzlich bei Marco Angermann, Rosenthal für den Nachweis von BfN-Skript 520, sowie der WG der Europäischen Union
11.02.2023 Vorfassung
04.03.2023 Überarbeitung
17.03.2023 Durchsicht
01.08.2023 Etwas überarbeitet
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